Saint Lucia

St. Lucia begrüßt uns mit seinen beiden charakteristischen Bergfelsen, dem „Großen Pitón“ und dem nur etwas kleineren „Kleinen Pitón“, die schon von weitem ankündigen, dass man sich gerade einer bezaubernden kleinen Karibikinsel nähert...

Das Eiland ist bergig und grün und erinnert auf den ersten Blick an Grenada. Als wir im Hafen von Castries festmachen und von unserem Balkon auf Deck 12 so auf die Insel schauen mit seinen bunten Häusern, die an die Berghänge und auf die Hügel verstreut wurden, die Straßen, die sich wild durch die Berglandschaft schlängeln, plötzlich von dichter Vegetation verschluckt werden, um an anderer Stelle wieder zum Vorschein zu kommen, fühlen wir uns wie Besucher des Miniaturwunderlandes (ihr wisst schon, die mit der Modelleisenbahn in Hamburg - und das war gerade der längste Satz der Reise -Punkt!). Wir betrachten staunend die vielen kleinen Details in dieser schönen Landschaft. Zu unseren Füßen erwacht gerade die Stadt.

Heute haben wir uns etwas ganz Besonderes ausgedacht, um dieser Insel näher zu kommen. Dafür sind weder Fahrrad noch Tauchausrüstung oder gar Wanderstiefel erforderlich. Vielmehr setzen wir uns in ein Kayak und fahren ein Stück an der Küste entlang, um dann in einen Mangrovenwald einzutauchen und später noch einen Fluss hinauf zu paddeln. 

Ausgangspunkt unserer Tour ist die bezaubernde Marigot-Bay, die zu den schönsten Buchten der Karibik zählen soll. 

Die Sache hat nur einen Haken:

Sandra besteht auf ein Zweierkayak! Niemals zuvor hat sie in so einem Boot gesessen und nun gleich aufs Meer hinaus?

Aber schnell zeigt sich, dass alle Sorge unbegründet war. Wir sind ein gut eingespieltes Team und wie sollte es auch anders sein bei einem Paar, das vor vier Tagen erfolgreich seinen 13. Hochzeitstag gefeiert hat? Wir harmonieren wie verrückt und kommen gut mit dem Kayak und uns selbst zurecht. Das kann man nicht von allen in der Gruppe behaupten, denn viele haben ihr Boot nicht sonderlich im Griff und es kommt häufiger zu Kollisionen und Gedränge wie in der Seeschlacht von Trafalgar. Oder noch schlimmer: Das ganze erinnert zeitweise sogar an das Gedrängel und Geschubse beim Frühstücksbuffet auf der AIDAPerla oder an eine Kampfszene aus dem Hollywoodstreifen „Fluch in der Karibik“. Apropos Hollywood: Die Gegend hier um die Marigot-Bay diente ob seiner Schönheit bereits als Kulisse für einige Blockbuster, darunter beispielsweise Dr. Doolittle, Superman II oder eben einige Teile von „Fluch der Karibik“. 

Nach einer Eingewöhnungsphase haben dann die meisten Teilnehmer der Gruppe ihre Kayaks einigermaßen im Griff und die Fahrt aufs Meer kann gewagt werden.

Entlang einer Felsenküste paddeln wir durch die Wellen bis zu einem kleinen Flussdelta mit vorgelagerter Lagune. Nach dem Trubel der Marigot Bay ist dies ein ganz stiller Ort. Hier steht nur eine einsame Fischerhütte, davor liegt ein buntes Fischerboot im Sand.

Wir tragen die Kayaks kurz über einen Sandstrand, um sie auf der anderen Seite wieder in die Lagune zu setzen und paddeln weiter in ein Mangrovenwäldchen hinein. Dabei werden wir von einem tropischen Regenschauer überrascht. Eben noch auf dem offenen Meer, befinden wir uns wenige Minuten später in einem Wald mit dichtem Blätterdach über uns, das uns vor dem Regen einigermaßen zu schützen scheint. Es ist ganz still, hier und da eine exotische Vogelstimme und das Platschen, das die Paddel beim Eintauchen ins Wasser verursachen. Die Armada der Freibeuter und Piraten, die weder ihre Kayaks kontrollieren können noch die Vorfahrtsregeln auf internationalen Gewässern beherrschen, haben wir hinter uns gelassen. Vermutlich verstopfen sie den Eingang zu den Mangroven, indem sie einen dicken Pfropf gebildet haben, weil alle auf einmal dort hinein wollten. Wir sind hier mit einem Kayakguide allein, der ebenfalls die Stille zu genießen scheint.

Erst als der Weg mitten im Pflanzengewirr endet und wir umdrehen, kommen uns die ersten mitreisenden Süßwasserkapitäne entgegen. Nachdem wir diese Zauberwelt verlassen haben, biegen wir ab auf den Fluss und fahren diesen hinauf. Am gegenüberliegenden Flussufer machen wir eine Pumpstation aus und erfahren vom Guide, dass ab und zu vor der Küste ein Tankschiff mit Melasse aus Zuckerrohrsirup aus Südamerika ankert. Die zähflüssige Fracht wird dann über einen Schlauch mit einer Pipeline verbunden und abgepumpt. Die Rohrverbindung, die wir jetzt auch am Ufer erkennen können, führt direkt flußaufwärts zu einer Rumdestillerie. Die Insel ist zu klein und bergig, um die Menge an Zuckerrohr selbst anzubauen, die benötigt wird, um allen durstigen Kehlen auf St. Lucia gerecht zu werden. Ob das die vielen Touristen wissen, die hier ihren Urlaub verbringen, sich mit Rumpunsch volllaufen lassen und sich eine Flasche Originial-Rum von St. Lucia mit nach Hause nehmen? Aber es ist nun einmal so: Rum ist den Einwohnern der Karibik so wichtig, wie dem Deutschen sein Bier und dem Franzosen sein Rotwein. Rumpunsch als Nationalgetränk der Karibik wird hier gerne und zu jedem erdenklichen Anlass und zu jeder Tageszeit getrunken. Das erklärt die lockere, entspannte Stimmung, die hier überall herrscht. Yeah man, take it easy!

Bis zur Rumdestillerie sind wir nicht gepaddelt, allerdings konnten wir diese bereits riechen, als wir auf dem Fluss kehrt machten, da dieser irgendwann so seicht wurde, dass wir mit den Paddeln im sandigen Grund stecken blieben. Der Geruch, der uns von der Rumfabrik entgegenschlug, war übrigens kein angenehmer. Wer in unserer nordischen Heimat schon einmal vor einer aktiven Zuckerrübenfabrik gestanden hat, kennt diesen Duft.

Zurück am Flussdelta wurde eine Badepause eingelegt und wir konnten uns erst einmal im karibischen Meer erfrischen, bevor es zur Stärkung einen Rumpunsch gab…!

Zurück in der Marigot Bay und im touristischen Trubel bewundern wir von unserem Kayak aus die vielen Segelyachten, die hier in der Bucht vor Anker liegen. Viele von ihnen sind über den Atlantik gekommen und haben dabei die Route genutzt, die schon Christoph Kolumbus nach Westindien brachte. Somit dürften einige dieser Schiffe vor einigen Wochen noch in einem Hafen unserer aktuellen Heimatinsel Gran Canaria gelegen haben. In vielen Masten hängen noch die Wimpel der ARC-Regatta, bei der jedes Jahr im November von Las Palmas nach St. Lucia gesegelt wird. Wir kennen jetzt Ausgangs- und Zielhafen dieser Regatta, ohne jemals mitgesegelt zu sein.

Auf dem Weg zurück zum Schiff per Bustaxi durch die Hügel und die kurvigen Straßen, durch kleine Dörfer und Regenwald stellen wir fest, dass St. Lucia eine traumhaft schöne Insel ist. Der Lebensstandard, sofern man diesen an dem Zustand der Häuser und Autos auf den Straßen beurteilen kann, scheint höher zu sein als auf Grenada.

Am Abend laufen wir pünktlich zum Sonnenuntergang aus dem Hafen von Castries aus, als überall auf der Insel die Lichter angehen. Die ohnehin unglaublich schnell einsetzende Dämmerung in diesen Breitengraden wird noch durch eine dunkle Regenwolke beschleunigt, die zum Abschied wie aus Kübeln das erfrischende Nass über uns ausschüttet. Dieses Wetterereignis kann aber die schönen Eindrücke, die wir von dieser Insel mitnehmen, nicht wegspülen. St. Lucia ist eine Reise wert!

Mehr Fotos zu Saint Lucia findet ihr im Fotoalbum.

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